Rinder
Leistung mit Krankheitsrisiken
Die Milchkuh wurde in den vergangenen 100 Jahren zu einem Hochleistungstier herangezüchtet, welches eigentlich nur noch von Spezialisten gehalten werden kann: lieferte sie vor 100 Jahren im Durchschnitt noch unter 2000 kg Milch, ist die Laktationsleistung mittlerweile auf 8000 kg oder auch mehr pro Jahr gestiegen. Bis zur Einführung der genomisch gestützten Selektion im Jahre 2010/2011 erfolgte als primäres Zuchtziel die Berücksichtigung der Milchleistung ohne ausreichende Prüfung anderer Kriterien wie die gesundheitliche Robustheit. Phänotypische Tierzucht erfolgte ohne Berücksichtigung von Kenntnissen der dem Selektionsziel zugrundeliegenden physiologischen und biochemischen Mechanismen und damit möglicherweise verbundenen genetisch fixierten Gesundheitsrisiken. In der Folge kam und kommt es zu einer Überforderung der physiologischen Kompensationsfähigkeit der Tiere, die sich in hohen Inzidenzraten von Erkrankungen, und kurzer “Nutzungsdauer“ widerspiegeln und damit auch zu einem vorzeitigen Lebensende der Tiere führen.
Ursache und Wirkung
Nahezu grotesk verhalten sich hier Ursache und Wirkung: genetisch bedingt sind die Kühe äußerst fehlerempfindlich und haben einen hohen Anspruch an das Haltungs-Management. Ein gutes Management darf aber nicht dazu benutzt werden genetisch bedingte Krankheitsrisiken zu kompensieren, u.a. auch deshalb, weil ein einheitlich hoher Haltungs-Standard bis heute in Deutschland noch nicht erreicht wurde.
Die Zucht von Hochleistungsmilchkühen verstößt gegen § 3 Nr. 1 TierSchG, wenn verkannt wird, dass die produzierten Kühe durch die Milchleistung offensichtlich überfordert sein werden, sobald die Tiere landwirtschaftlich eingesetzt werden. Fahrlässigkeit seitens des Züchters genügt.
Darüber hinaus wird hierdurch auch gegen § 11b Abs. 1 TierschG verstoßen. Gem. § 19 Abs. 1 OWiG kann gegen den Züchter allerdings nur eine Geldbuße festgesetzt werden. Der Verstoß gegen zwei Verbotsnormen in Tateinheit ist allerdings bei der Bußgeldzumessung zu berücksichtigen. Eine nicht unerhebliche Mitverantwortung tragen die Zuchtverbände.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Fortbildungsveranstaltung der Stabsstelle der Landesbeauftragten für Tierschutz BW vom 03.12.2024
Tierschutzrelevante Zuchtprobleme beim Milchvieh
Das Handout zum Vortrag von Dr. Alina Bauer finden Sie hier.
Leistung und Gesundheit der Milchkuh oder Ketose und Genetik
Das Handout zum Vortrag von Prof. Dr. Holger Martens finden Sie hier.
Zwischen Leistungsanspruch und Gesundheit bei Milchkühen
Bedauerlicherweise sind Tierärzte und Tierärztinnen immer noch nicht amtlich am Zuchtgeschehen beteiligt und die gesundheitlichen Probleme der Milchkühe werden weiterhin defensiv mit dem Argument „Management“ entschuldigt – sie bleiben somit bagatellisiert und lenken von den wahren Ursachen ab.
Dabei ist zurzeit in der Phase höchster Leistungsansprüche weder eine bedarfsgerechte noch eine artgerechte Fütterung der Milchkuh möglich. Die Konsequenz: chronische Unterernährung und die Gefährdung der Gesundheit – ein widersprüchlicher Sachverhalt, auf den immer wieder verwiesen werden muss.
Die Erstellung der Merkblätter unterliegt einem Qualitätsmanagementsystem, das den Qualitätsstandard sichert. Von den Veterinärämtern wird zunächst eine möglichst knappe Information über Defektmerkmale und/oder betroffene Rassen gewünscht. Dieser Wunsch wird mit der Veröffentlichung der Merkblätter in der vorliegenden Form berücksichtigt. Langversionen der Merkblätter mit Quellenangaben zum wissenschaftlichen Hintergrund werden unter fallbezogener Beteiligung durch externe Experten geprüft und durch eine juristische Arbeitsgruppe mit einem Rechtsgutachten ergänzt. Die ausführlichen Gutachten werden QUEN-intern hinterlegt und auf Anfrage im Falle von rechtlichen Auseinandersetzungen ausschließlich an die betroffenen Veterinärbehörden versendet. Mit der oben beschriebenen Regelung wird sowohl den Ansprüchen aus der Praxis der Vollzugsbehörden als auch dem Wunsch nach ausführlicher rechtlicher Begründung Rechnung getragen.
Wir weisen darauf hin, dass es sich bei der Aufzählung von Krankheiten, Defekten und Funktionseinschränkungen um Erscheinungen handelt, die bei Tieren dieser Art und Rasse (unabhängig davon, in welchem Verein oder Verband oder ob privat gezüchtet) auftreten können bzw. vermehrt beobachtet wurden. Weiter beschreiben die Merkblätter mögliche oder notwendige Anordnungen für den Fall, dass entsprechende zuchtbedingte Veränderungen durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt festgestellt wurden.
Merkblatt Rind Rasse Holstein Friesian (HF)
Merkblatt Rind Rasse Holstein Friesian (HF) Tierart: Rind Rasse: Holstein Friesian (HF) QUEN-Merkblatt Nr. 14 Bearbeitungsstand: 08.01.2024 Tierart: Rind Rasse: Holstein Friesian (HF) QUEN-Merkblatt Nr. 14 Bearbeitungsstand vom 08.01.2024 1. Beschreibung der Rasse [...]
Fortbildungsveranstaltung der Stabsstelle der Landesbeauftragten für Tierschutz BW vom 03.12.2024
Die Vererbung von komplexen Merkmalen bei landwirtschaftlich genutzten Tieren
Das Handout zum Vortrag von Prof. Dr. Jörn Bennewitz finden Sie hier.