Merkblatt Katze Hybridzucht Rasse Savannah

Tierart: Katze
Hybridzucht bei Katzen Rasse Savannah
QUEN-Merkblatt Nr. 15
Bearbeitungsstand: 23.02.2023
Tierart: Katze
Hybridzucht bei Katzen Rasse Savannah
QUEN-Merkblatt Nr. 15
Bearbeitungsstand vom 23.02.2023

1. Beschreibung der Tiere

Äußeres Erscheinungsbild und ggf. laut Standard geforderte, kritische Merkmale:

Es handelt sich um große, hochbeinige und schlanke, aber muskulöse Rasse mit verhältnismäßig kleinem Kopf und großen Ohren. Die F1 Generation ist groß und schwer, vor allem die Kater. Die Fellzeichnung des Wildtyps bleibt erhalten, aber Größe und Gewicht nehmen von F1-Generation bis F7-Generation deutlich ab. Savannah Katzen sind Hybridkatzen, die in der F1-Generation aus der Verpaarung eines Servals mit einer Hauskatze entstanden sind. Ziel war, eine Katze zu züchten, welche die Fellzeichnung eines Raubtieres aufweist, aber die Charaktereigenschaften einer Hauskatze haben soll.  Die erste Zucht gelang 1980 in den USA: die Verpaarung einer Siamkätzin mit einem Serval. Savannah Katzen werden in den USA, Canada, Mexico, Japan, Schweden, Großbritannien, Republik Tschechien, Frankreich und Deutschland gezüchtet und verkauft.

2.1 Bild 1

Foto: Savannah-Katze. Jason Douglas
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1400204




2.1 Bild 2

Foto: Bengal-Katze. Lubbad85
https://commons.wikimedia.org/w/
index.php?curid=76011300

Weitere Fotos finden Sie hier (Bild anklicken):

3. Weitere Katzenrassen

  • Kreuzung asiatische Wildkatze (Leopardenkatze) mit Hauskatze (Europäisch Kurzhaar, Amerikanisch Kurzhaar, Abessinier, Ägyptische Mau) –> Bengal
  • Kreuzung afrikanischer Serval mit Siamkatze (Einkreuzungen von Serengeti, Bengal, Ocicat, Orientalisch Kurzhaar) –> Savannah-Katze
  • Kreuzung Karakal mit einer Hauskatze (Abessinier oder Maine Coon) –> Caracat
  • Kreuzung aus Rohrkatze und Abessinier –> Chausie
  • Kreuzung Falbkatze x Hauskatze –> Kanaani

    andere: Tilaran, Jungle Lynx, Bristol, Jungle-Bob, Jungle-Curl, Machbagral, Viverral, Pantherette, Punjabi, Pixie-Bob, Safari, Serengeti

4. Vorkommen der Hybridisierung bei anderen Tierarten

Einkreuzung von Wölfen bei Hunden, z.B. Saarlooswolfhund. Der Sachverhalt ist allerdings nur eingeschränkt vergleichbar, da es sich bei Wölfen und Hunden um die gleiche Art handelt (Canis lupus lupus und Canis lupus familiaris). Die Haltungsprobleme durch das Verhaltensrepertoire der Hybriden sind vergleichbar, nicht jedoch die Probleme durch unterschiedliche Tragezeiten, Sterilität etc.

5. Mit dem Merkmal/mit der Rasse möglicherweise verbundene Probleme/Syndrome

Ein vom Menschen über viele Jahrhunderte gezielt gezüchtetes Haustier, wie z.B. Rind, Schwein oder Hund ist die Katze nicht. Eine Selektion ergab sich durch das vorteilhafte Zusammenleben mit dem Menschen, so dass sich Katzen fortpflanzten, die weniger scheu waren. Durch die Einkreuzung eines Wildtieres entstehen Katzen mit Wildtiercharakter und entsprechendem Verhalten und Bedürfnissen. 

Es gibt keinen Automatismus, dass die Untere Naturschutzbehörde nach Erreichen der F4-Generation quasi offiziell die Zucht bei der zuständigen Veterinärbehörde meldet oder die Kontrollen dorthin abgibt. Wenn die beiden Behörden nicht ohnehin in gutem und engem Austausch stehen, besteht die Möglichkeit, dass Zuchten im Verborgenen stattfinden.

Die Weibchen der Generationen F1-F3 werden in der Regel für die Zucht zurückgehalten, nur die Kater werden als Haustiere angeboten da sie in der Regel unfruchtbar sind. In den Generationen F5-F7 verhält es sich umgekehrt, allerdings in geringerem Maße, wobei die Männchen als Zuchtkatzen gehalten und die Weibchen hauptsächlich als Haustiere angeboten werden.

6. Symptomatik und Krankheitswert: Bedeutung/Auswirkungen auf das physische/psychische Wohlbefinden (Belastung) des Defektes auf das Einzeltier u. Einordnung in Belastungskategorie

Die einzelnen zuchtbedingten Defekte werden je nach Ausprägungsgrad unterschiedlichen Belastungskategorien (BK) zugeordnet. Die Gesamt-Belastungskategorie richtet sich dabei nach dem jeweils schwersten am Einzeltier festgestellten Defekt. Das BK-System als Weiterentwicklung nach dem Vorbild der Schweiz ist noch im Aufbau, daher sind die hier vorgenommenen BK-Werte als vorläufig anzusehen.

Nähere Erläuterungen nur zu rassetypischen Defekten, weitere in jeweils eigenem Merkblatt zu Defekten.

Physisch: Die Hybriden entstehen in der F1 aus einer Zwangsverpaarung zwischen zwei unterschiedlichen Tierarten, die sich hinsichtlich der Körpergröße, dem Gewicht und der Tragzeit deutlich unterscheiden. Schulterhöhe/KRL/Gewicht/Tragzeit Serval ca. 60 cm/ 75 – 100 cm/ bis zu 20 kg/ 74 Tage; Karakal ca. 45 cm/ ca. 65 cm/ bis zu 18 kg/ 73 – 80 Tage; Hauskatze ca. 30 – 35 cm/ ca. 50 cm/ Ø 4 kg/ 63 – 65 Tage. Die Verpaarung bedeutet für die körperlich deutlich unterlegene Hauskatze erheblichen Stress und in der Folge auch z. T. erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden (evtl. bis zur Todesfolge durch den Nackenbiss des Katers). Serval, Karakal, Bengalkatze und Hauskatze haben unterschiedliche Tragezeiten, so dass es zu embryonalen Entwicklungsstörungen kommen kann. Wildkatzen-Welpen sind bis zu 3-4 mal größer als ein Hauskatzenwelpe, so dass es bei der Hauskätzin, die solche Mischlinge austrägt, bei der Geburt fast regelmäßig zu Schwergeburten, Steißgeburten, Notkaiserschnitten und Früh, Fehl- und Totgeburten kommt.

Aus Tierschutzgründen ist die F1-Generation daher besonders problematisch. Alle Kater aus den ersten Generationen (mind. bis F3) sind zudem steril. Meist sind erst die Kater ab der F4- oder F5-Generation fortpflanzungsfähig. Diese Problematik ist auch bei anderen Hybridrassen bekannt.

Bei Bengal-Katzen ist es durch Inzucht zu einem vermehrten Auftreten von genetisch bedingten Krankheiten und Dispositionen gekommen (Katarakte, Kardiomyopathie, progressive Retinaatrophie, Reizdarmsyndrom (Irritable Bowel Disease), Feline Leukämie, ulzerative Dermatitis des Planum nasale) (Merkblatt Bengal-Katzen in Arbeit).

Anmerkung:

Durch die Sterilität der Kater bis zur F3, häufig bis zur F5-Generation, müssen weiterhin Wildkater eingekreuzt werden, was zur Beständigkeit der Probleme der Schwergeburten bei weiteren Zuchten führt, außerdem können deutliche Wildtiereigenschaften bei späteren Generationen bestehen bleiben. Das BfN hat bestätigt, dass das Auffrischen mit Wildfängen oder Katern der F1-Generation in der Zucht den Nachwuchs im Artenschutzrang “eigentlich” wieder hochstuft, also wird dann aus F4- wieder eine F1-Generation (oder ein entsprechend anderer Grad). 

Psychisch: Der Nackenbiss während des Deckaktes zwischen einer Wildkatze und einer Hauskatze kann für das weibliche Tier tödlich enden. Der Kontakt mit dem Wildtier ist für die Hauskatze mit Angst und Stress verbunden. Katzen sind ohnehin relativ wilde, nicht wirklich domestizierte Tiere, die ein sehr großes Individualverhalten zeigen. Savannah Katzen zeigen viele Wildtiereigenschaften noch sehr deutlich, weshalb das Zusammenleben mit dem Menschen nicht unproblematisch ist. Zu den Problemen im Zusammenhang mit dem Ausleben arttypischer Bedürfnisse in menschlicher Obhut siehe unter Punkt 7 und 10.

Belastungskategorie: Noch nicht eingeordnet.

7. Voraussetzungen für die Haltung

Savannah-Katzen fallen bis einschließlich der vierten Nachzuchtgeneration unter das Artenschutzrecht. Sie gelten damit als Wildtiere. Von Seiten des Artenschutzes werden daher auch dieselben Mindestanforderungen wie für einen reinrassigen Serval zugrunde gelegt, d. h. für die Haltung von Savannah-Katzen der F1-F4-Generation gelten die Haltungsanforderungen des Säugetiergutachtens. Hier gibt es einen Harmonisierungsbedarf zwischen Artenschutz- und Tierschutzgesetz, denn ab F5 wird die Savannah rechtlich zu einem Haustier mit speziellen Bedürfnissen. Die Katzen sollen nach Angaben von Züchtern freundlich und ausgeglichen sein, aber teilweise Wildtiereigenschaften zeigen. Wilde Katzenarten sind scheu, dämmerungs- und nachtaktiv, durchstreifen sehr große Reviere und leben als Einzelgänger. Das Zusammenleben mit Menschen kann sich daher schwierig gestalten. Die Tiere benötigen eine Bademöglichkeit und abwechslungsreiche Beschäftigung. Außerdem ist ein großes Gehege notwendig, da bei reiner Wohnungshaltung typische Verhaltensweisen nicht ausgeübt werden können. Das Gehege muss zudem ausbruchssicher sein, da sonst Gefahren für die heimische Tierwelt durch eine ungewollte Verbreitung von Wildtiergenen zu erwarten sind, die verhindert werden muss.

8. Diagnose – weitergehende Untersuchungen

Ein entsprechender Nachweis der Zucht kann in Deutschland offensichtlich bisher lediglich mit einer lückenlosen Ahnenreihe /Abstammungsgutachten über alle Generationen) geführt werden.

Nach Aussagen von Genetikern müsste es möglich sein, F1-Tiere (also Nachkommen aus einer Verpaarung zwischen Serval und Hauskatze) eindeutig zu erkennen. Das Serval-Genom ist nicht in der Datenbank vorhanden, wohl aber Fragmente von einzelnen Genen. Es besteht die Möglichkeit einige Gene zu sequenzieren, die anhand der Datenbankanalyse zwischen Hauskatze und Serval möglichst deutliche Unterschiede aufweisen (das Fragment des IL2RG-Gens hat z.B. 5 Abweichungen zur Hauskatze). Die F1-Tiere wären dann an allen diesen abweichenden Stellen mischerbig. Bei den weiteren Generationen werden jedoch nicht mehr alle diese Positionen mischerbig sein, sondern teilweise denen der Hauskatze entsprechen. Da die männlichen Hybride der ersten 3 Generationen anscheinend unfruchtbar sind, sind die Väter der weiteren Generationen immer Hauskatzen-Kater oder Savannahs der weiter entfernten Generationen. Somit wäre eine Verifizierung, um welche Generation ab F2 es sich bei einem Tier handelt, schwierig, da nur kleine Genbereiche verglichen werden können und daher der detektierte Anteil von Serval- und Hauskatzenvarianten eher zufällig ist. Etabliert wurde ein solcher Test bisher nicht.

9. Aus tierschutzfachlicher Sicht notwendige oder mögliche Anordnungen

Entscheidungen über Zucht- oder Ausstellungsverbot sollten im Zusammenhang  mit der Belastungskategorie (BK) getroffen werden. Ausschlaggebend für ein Zuchtverbot kann je nach Ausprägung und Befund sowohl der schwerste, d.h. das Tier am meisten beeinträchtigende Befund, und dessen Einordnung in eine der Belastungskategorien (BK) sein, oder auch die Zusammenhangsbeurteilung, wenn viele  einzelne zuchtbedingte Defekte vorliegen. Berücksichtigt werden sollte ggf. auch der  individuelle Inzuchtkoeffizient eines Tieres.

a) notwendig erscheinende Anordnungen nach §16a TierSchG 

–   Zuchtverbot (unmittelbar auf § 11b gestützte Anordnung nach § 16a Abs. 1 S. 1). 

Die weitere Einkreuzung eines Servals in bereits etablierte Zuchten ist hierbei ebenso zu untersagen, wie prinzipiell die Verpaarung weiblicher Hauskatzen mit wesentlich größeren männlichen Wildkatzen.     

b) mögliche Anordnungen

–   dauerhafte Unfruchtbarmachung gem. § 11 b Abs. 2 TierSchG.

–  Ausstellungsverbot: Die Vorstellung des Tieres zur Bewertung und Ausstellung ist ebenso zu untersagen wie die Präsentation von Fotos im Internet/in
   Zeitungen zum Zwecke des Verkaufs.

– Anordnung zur Anpassung/Umgestaltung der Haltungsform zur Sicherstellung der Befriedigung der speziellen Bedürfnisse der Savannah-Katze

–  ggf. Widerruf der Erlaubnis nach § 11 TierSchG.

Die Haltung von Savannah, Caracat und Bengalkatze bis zur 4. Nachkommen-Generation ist z.B. in Österreich verboten aber bisher gibt es in Deutschland kein pauschales Haltungsverbot.

Bitte beachten:

Maßnahmen der zuständigen Behörde müssen erkennbar geeignet sein, auch in die Zukunft wirkend Schaden von dem betroffenen Tier und/oder deren Nachzucht abzuwenden. Es handelt sich im Hinblick auf Art und Bearbeitungstiefe von Anordnungen und Zuchtverboten immer um Einzelfallentscheidungen im Ermessen der zuständigen Behörde unter Berücksichtigung der vor Ort vorgefundenen Umstände.

10. Allgemeine tierschutzrechtliche Bewertung

Aus tierärztlicher Sicht ist die Savannah-Katze als Qualzucht einzustufen; ihre Entstehungsweise stellt darüber hinaus einen Verstoß gegen § 1 TierSchG dar.

Begründung:

Gem. §11b TierSchG ist es verboten, Wirbeltiere zu züchten, soweit züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass als Folge der Zucht bei der Nachzucht oder den Nachkommen u.a.

  • erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten (§ 11b Abs. 1 Nr. 1 TierSchG) oder
  • mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten (§ 11b Abs. 1 Nr. 2 a) TierSchG) oder
  •  die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt (§ 11b Abs. 1 Nr. 2 c) TierSchG).

Die Zucht von Savannah- Katzen erfüllt den Tatbestand der Qualzucht durch:

  • sehr häufig auftretende Früh-, Fehl- oder Totgeburten aufgrund der Größe der Welpen (3-4 mal größer als ein Hauskatzenwelpen) und der unterschiedlichen Tragezeiten (vgl. TVT- Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. „Hybridkatzen – die Tierschutzrelevanz neuer Züchtungen“, 2012). 
  • Sterilität aller männlicher Nachkommen einschließlich mindestens F3-Generation. 
  • die Ungeeignetheit der Haltung einer Savannah-Katze aufgrund ihres Wildtiercharakter als Hauskatze und das damit verbundene Leiden; eine artgerechte Haltung der Savannah-Katze unter Berücksichtigung ihrer speziellen Bedürfnisse ist bei einer Haltung als Hauskatze bzw. einem engen Zusammenleben mit Menschen kaum möglich (vgl. TVT- Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. „Hybridkatzen – die Tierschutzrelevanz neuer Züchtungen“, 2012). 

Etwa mit Ende des ersten Drittels der Gravidität entwickeln die Nachkommen von Säugetieren Empfindungsfähigkeit und sind ab diesem Zeitpunkt als Nachzucht im Sinne des § 11b TierSchG erfasst. Dazu zählen auch diejenigen Feten, die ab diesem Zeitpunkt absterben oder tot geboren werden (vgl. Seite 6 des sog. Qualzuchtgutachtens). Treten die Schädigung und die damit verbundenen Schmerzen, Leiden oder Schäden (den maximalen Schaden stellt hierbei der Tod dar) bei einem Fetus auf, der als Nachzucht im o. a. Sinne gilt, liegt eine Qualzüchtung im Sinne des § 11 b TierSchG vor (vgl. Hirt/Maisack/Moritz TierSchG Komm. 3. Auf. § 11b TierSchG Rn. 5; Lorz/Metzger TierSchG Komm. 7. Aufl. § 11b TierSchG Rn. 7).

Unter Körperteile und Organe verstehen sich aus Zellen und Gewebe zusammengesetzte Teile des Körpers, die genetisch festgelegte, für die Lebens- und Fortpflanzungsfähigkeit notwendige Funktionen zu erfüllen haben. Da es infolge der Zucht zu einer Untauglichkeit von Körperteilen und/oder Organen kommt, die zu einer Sterilität der Kater führt, ist zumindest bis zur F3-Generation der Tatbestand der Qualzucht erfüllt (vgl. Hirt/Maisack/Moritz TierSchG Komm. 3. Auf. § 11b TierSchG Rn. 5; Lorz/Metzger TierSchG Komm. 7. Aufl. § 11b TierSchG Rn. 7). 

Der Begriff Leiden im Zusammenhang mit § 11b TierSchG umfasst alle von dem Begriff des Schmerzes nicht erfassten länger andauernden Unlustgefühle. Leiden werden auch durch instinktwidrige, der Wesensart eines Individuums zuwiderlaufende und gegenüber seinem Selbst- oder Arterhaltungstrieb als lebensfeindlich empfundene Beeinträchtigungen verursacht. Darunter fallen auch dauerhafte Entbehrungen bei der Befriedigung ererbter arttypischer Verhaltensbedürfnisse (vgl. sog. Qualzuchtgutachten S.6). Es ist zu befürchten, dass für die Generation F1 -F4 trotz Verpflichtung zur Beachtung der Vorgaben aus dem BMEL-Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren vom 07.05.2014 eine artgerechte Haltung von Savannah-Katzen in der Realität nicht erfüllt wird. Dies liegt zum einen daran, dass die Darstellung von Züchtern über die Wesenszüge von Hybridrassen (freundlich, sozial, „doglike“) im Widerspruch zur Auffassung anerkannter Verhaltensexperten (Wildtiercharakter, ungeeignet für enges Zusammenleben mit Menschen) steht und daher bei den Tierhaltern das Bewusstsein für die besonderen Bedürfnisse der Savannah-Katze nicht oder nur unzureichend geweckt wird. Zum anderen sind selbst bei Befolgung der Mindestvorgaben des o.g. BMELV-Gutachten nicht alle Bedürfnisse der Savannah-Katze gedeckt. So benötigt diese z.B. zusätzlich ein Wasserbecken, da sie sich gerne im oder am Wasser aufhält.  

Kann die Katze ihre ererbten Verhaltensbedürfnisse dauerhaft nicht befriedigen, so führt dies zu Angst- und Dauerstressprobleme und daraus resultierender Aggression. Nach Berichten aus der Praxis der Tierärzte werden diese von Tierhaltern u.a. gebeten, die Tiere mit einem Blasrohr zu impfen, da ein Handling nicht möglich ist; in den USA werden „Haltungserleichterungen“ wie Krallen amputieren und Zähne abschleifen vorgenommen (vgl. „Tierschutzproblematik bei Zucht von Hybridkatzen (Savannah, Caracat)“ von Dr. Martina Helmer, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit). Diese Beispiele zeigen, dass die Haltung der Hybridkatzen als Hauskatzen mit enormem Stress, Aggression und Leiden der Tiere verbunden ist. Das Vorliegen einer Qualzucht ist damit zu bejahen. 

Ergänzend ist im Hinblick auf die Generationen F5 ff. darauf hinzuweisen, dass mit der „Entlassung“ aus den artenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht automatisch eine Domestizierung (Verschwinden der Wildtiereigenschaften) der Savannah-Katzen einhergeht, die eine Haustierhaltung dieser Tiere ohne Leiden ermöglicht.  Außerdem gilt zu berücksichtigen, dass durch die fortgesetzte Einkreuzung von Wildkatern (vgl. Ziffer 6) eigentlich jedes Mal wieder eine Hochstufung auf F1 erfolgen müsste.

Dass möglicherweise nach mehreren Zuchtgenerationen Resultate erzielt werden, die den Tieren der letzten Zuchtkette ein leidens- und schmerzfreies Leben ermöglichen, steht der tatbestandlichen Erfüllung des § 11b Abs. 1 Nr 2a TierSchG nicht entgegen: Die Verbotsnorm ist verletzt, wenn auf dem Weg zum Endresultat unvermeidbar Zwischengenerationen herangezüchtet werden, die beschriebenen Beeinträchtigungen aufweisen: Eine Differenzierung nach Zuchtgenerationen lässt der Wortlaut des § 11b Abs. 1 TierSchG nicht erkennen (vgl. Prof. Dr. Thomas Cirsovius; TiRuP 2021/A, S.18f.). Diese mit Schmerzen, Leiden und Schäden assoziierten Umstände erfordern ein Zuchtverbot.

Darüber hinaus stellt die Zucht der Savannah-Katze einen Verstoß gegen § 1 TierschG dar.  Gem. § 1 Satz 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Die Zucht von Savannah-Katzen bedarf der Verpaarung von Hauskatzen mit wesentlich größeren Wildkatzen. Der Deckakt bedeutet für die körperlich deutlich unterlegene Hauskatze erheblichen Stress und in der Folge zum Teil erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden. Durch den Nackenbiss des fünfmal so schweren Katers können bei der Hauskatze Verletzungen mit Todesfolge entstehen. Bei der Geburt kommt es aufgrund der Größe der Welpen (3-4 mal größer als ein Hauskatzenwelpen) sehr häufig zu Schwergeburten, Steißgeburten, Notkaiserschnitten, Früh-, Fehl- oder Totgeburten. Die Mutterkatze stirbt mitunter bei der schwierigen Geburt.

Österreich: Zur rechtlichen Situation in Österreich gibt eine Stellungnahme des Amtes der NÖ Landesregierung:

https://www.noe.gv.at/noe/Tierschutz/Hybridkatzen.html

Schweiz: In der Schweiz ist gemäß Art.28 (Zucht von Hunden und Katzen), der Tierschutzverordnung (TSchV), das gezielte Verpaaren von Haushunden und- Katzen mit Wildtieren verboten.
Ausführliche rechtliche Bewertungen und/oder Gutachten können, soweit schon vorhanden, auf Anfrage Veterinärämtern zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt werden.

11. Relevante Rechtsprechung

Deutschland: Bisher nicht vorhanden.

Österreich: Rechtsfälle höherer Instanzen im Zusammenhang mit Savannah vorhanden.

 

12. Anordnungsbeispiel vorhanden?

Ja, noch in Bearbeitung. Anordnungsbeispiele werden ausschließlich auf Anfrage Veterinärämtern zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt.

13. Sonstiges

Für die Einfuhr von F1-F4-Hybriden nach Europa sind CITES-Import- und Exportgenehmigungen erforderlich. Ab F5-Generation ist kein CITES mehr erforderlich, stattdessen muss bisher z.B. ein TICA-Stammbaum der fünften Generation vorgelegt werden, um nachzuweisen, dass die Katze fünf Generationen von der Wildkatze entfernt ist.

Das F steht für Filialgeneration oder Foundation. Eine F1 hat einen Serval als Vater und damit mindestens 50% Wildblutanteil.

Laut Nomenklatur ist F1xF1 = F2, da dies bei der Savannah Zucht durch unfruchtbare männliche Nachkommen (meist bis 4 Generationen nach dem Serval) nicht möglich ist, wird als männliches Zuchttier in der Regel ein Savannah Kater der späteren Generation eingesetzt.

Daher wechselt die Bezeichnung der Filialgenerationen ab der 2. Kreuzungsgeneration von F zu G. 

 Was bedeutet A– B– C– und SBT-​registriert?

Ob es sich um eine reinrassige Savannah Katze handelt, erkennt man an dem Buchstabenkürzel hinter der Generationsbezeichnung.
• Ein A bedeutet, dass es sich bei nur einem Elterntier, meistens der Mutterkatze, um eine Savannah-Katze handelt und das andere Elterntier ein Tier
einer  anderen Rasse z.B. Serval, Bengal, Oriental, Serengeti usw. ist.

• Ist die Savannah Katze B-​registriert, dann sind beide Elterntiere Savannahs, aber ein Großelternteil ist eine andere Rasse oder Art.
• Bei den C-​registrierten Savannah Katzen sind beide Elterntiere und alle Großelterntiere Savannah Katzen.
• Bei SBT-​registrierten Savannahs wurde mindestens in den letzten drei Generationen ausschließlich mit Savannah Katzen verpaart.


Welche Savannah Katzen gelten als reinrassig?

Diese Frage kann nur im Zusammenhang mit der Generation der Savannah beantwortet werden:

  • Eine F1 Savannah ist als direkter Nachkomme des Servals immer A-​registriert.
  • 2G mit einem Savannah-​Vater ist B-​registriert.
  • 3G sind meistens C-​registriert, eine B-​Registrierung ist akzeptabel.
  • 4G sind C oder im Idealfall SBT– registriert, eine B-​Registrierung ist akzeptabel, wobei eine A-​Registrierung bei einer älteren Savannah F2-​F3-​F4 akzeptabel sein kann, da bis ca.2005 kaum fertile Savannah Kater in Europa zur Verfügung standen.
  • 5G sind C oder SBT-​registriert.
  • 6G sind C oder SBT registriert.

Anmerkung:

Ein Nachweis der Generationen allein durch Abstammungspapiere ist eigentlich nicht rechtsverbindlich, da verschiedentliche Zuchtverbände die Papiere nach Angaben der Züchter erstellen, ohne die Tiere selbst gesehen zu haben und ein genetischer Nachweis der Generation nicht möglich ist (außer gegebenenfalls bei einem F1-Tier). Zusätzlich sind die Tiere häufig weder vor dem Verkauf durch Chip gekennzeichnet, noch sind diese Chipnummern auf den Abstammungsnachweisen vermerkt (s. Beispiel unter Punkt 2, Weitere Bilder: Foto eines Abstammungsnachweises). 

14. Literaturverzeichnis/ Referenzen/ Links

An dieser Stelle wird nur eine Auswahl an Quellen zu den oben beschriebenen Defekten und ggf. allgemeine Literatur zu zuchtbedingten Defekten bei Hunden angegeben. Umfangreichere Literaturlisten zum wissenschaftlichen Hintergrund werden auf Anfrage von Veterinärämtern ausschließlich an diese versendet.

Hinweis: Die Beschreibung von mit dem Merkmal verbundenen Gesundheitsproblemen, für die bisher  keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, erfolgen vor dem Hintergrund entsprechender Erfahrungen der Experten und Expertinnen aus der tierärztlichen Praxis, und/oder universitären Einrichtungen, sowie öffentlich frei einsehbaren Datenbanken oder Veröffentlichungen von Tier-Versicherungen und entstammen daher unterschiedlichen Evidenzklassen.

Da Zucht und Ausstellungswesen heutzutage international sind, beziehen sich die Angaben in der Regel nicht nur auf Prävalenzen von Defekten oder Merkmalen in einzelnen Verbänden, Vereinen oder Ländern.

Quellen:

Gough et al. (2018): Breed Predispositions to Disease in Dogs and Cats.

Breed Predispositions to Disease in Dogs and Cats, 3rd Edition | Wiley

Bergvall, K. (2004): A novel ulcerative nasal dermatitis of Bengal cats; Free Communication Abstracts: Veterinary Dermatology 2004, 15 (Suppl. 1), 20–40. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1365-3164.2004.411_25.x

Bernauer-Münz, H.(2012): Hybridkatzen – die Tierschutzrelevant neuer Züchtungen. Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT), Arbeitskreis 2. Stellungnahme 2012.

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (2014): Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/haltung-saeugetiere.html

Cirsovius, T. (2021): Sind tierschutzwidrige Maßnahmen iSv § 11b Abs 1 dt TierSchG legal, wenn bezweckt ist, nach mehreren Zuchtgenerationen ungeschädigte, schmerz‐ und leidensfrei lebensfähige Nachkommen zu erzielen? DOI: 10.35011/TIRUP/2021-3 .

Helmer, M. (2011): Zur Tierschutzproblematik bei der Zucht von Hybridkatzen (Savannah, Caracat). Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. SE6-Tierschutz. TVT-Nachrichten 2/2011. p. 26.27.

Hirt, A.; Maisack, C.; Moritz, J.(2016): Tierschutzgesetz. Mit TierSchHundeV, TierSchNutztV, TierSchVersV, TierSchTrV, EU-Tiertransport-VO, TierSchlV, EU-Tierschlacht-VO : Kommentar. 3. Auflage. München: Verlag Franz Vahlen. ISBN: 9783800637997

Lorz, A.; Metzger, E. (2019): Tierschutzgesetz. Mit Allgemeiner Verwaltungsvorschrift, Art. 20a GG sowie zugehörigen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Rechtsakten der Europäischen Union : Kommentar. 7., neubearbeitete Auflage. München: C.H. Beck.

Martinez-Caja, A.; Rosseau, J.; Vervaecke, H.; Moons, C.P.H. (2021): Behavior and health issues in Bengal cats as perceived by their owners: A descriptive study. https://doi.org/10.1016/j.jveb.2020.10.007.

Schönreiter, S.; Moritz, J. (2018): Tierschutzproblematik bei der Zucht von Hybridtieren; Tagungsband 24. Internationale Fachtagung zum Thema Tierschutz (München, 2018)

Persönl. Nachricht LABOGEN (2022)

Persönl. Nachricht Prof. Lühken (2022)

Sachverständigengruppe Tierschutz und Heimtierzucht (1999): Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen). https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/gutachten-paragraf11b.html

Schöll, K. (2020): Qualzuchtmerkmale bei der Katze und deren Bewertung unter tierschutzrechtlichen Aspekten. S.115-120
http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2021/15863/index.html