Merkblatt Ziervogel Skelett: Skelett-Zucht auf übertypisierte Körperhaltung (Positur)

Tierart: Ziervogel
Merkmal: Skelett-Zucht auf übertypisierte Körperhaltung (Positur)
QUEN-Merkblatt Nr. 22
Bearbeitungsstand: 31.03.2023
Tierart: Ziervogel
Merkmal: Skelett-Zucht auf übertypisierte Körperhaltung (Positur)
QUEN-Merkblatt Nr. 22
Bearbeitungsstand: 31.03.2023

1. Beschreibung des sichtbaren Merkmals

Die Zucht auf übertypisierte Körperhaltung (Positur) erfolgt vor allem bei verschiedenen Rassen von Kanarienvögeln. Diese werden aufgrund ihrer äußeren Erscheinungsformen als „gebogene“ Positurkanarien oder Figurenrassen bezeichnet.

Bei den „gebogenen Positurkanarienvögeln handelt es sich um bestimmte Zuchtformen mit abweichenden Körperhaltungen, bei denen die Vögel die Silhouette einer Sichel, einer Eins oder einer Sieben formen. Die Fehlhaltung dieser Kanarienvogelrassen zeigt sich in durchgestreckten Intertarsalgelenken und nach vorne abgewinkelte sowie teilweise durch zusätzliche Wirbel verlängerte Hälse. Hierbei handelt es sich um zuchtbedingte Veränderungen des Skeletts und daraus resultierende Körperhaltungsanomalien (erblich bedingt sind Körperteile umgestaltet und für den artgemäßen Gebrauch nur noch bedingt geeignet, wodurch Schmerzen, Leiden und Schäden entstehen. 

Das wohl bekannteste Beispiel stellt die Rasse des Gibber Italicus dar, welcher rassetypisch einen zusätzlichen Halswirbel besitzt.

2.1 Bild 1

Positurkanarienvogel. Foto: Q-Archiv

2.1 Bild 2

Positurkanarienvogel. Foto: Q-Archiv
 

3. Betroffene Vogelrassen und -arten

Veränderungen am Skelett in Form von Beweglichkeitseinschränkungen oder Größenzunahmen und folglich steigenden Körpergewichten werden auch bei anderen domestizierten Vogelarten wie Sittichen, Hühnern und Tauben züchterisch gefördert.

4. Vorkommen bei anderen Tierarten

Veränderungen am Skelett in Form von Größenzunahmen und folglich steigenden Körpergewichten und Beweglichkeitseinschränkungen kommen auch bei anderen Tierarten, wie zum Beispiel Hunden, Schweinen oder Rindern vor. Häufigkeit, Erbgang und klinische Bedeutung sind dabei je nach Spezies und Rasse unterschiedlich.

5. Mit dem Merkmal in der Regel verbundene Probleme/Syndrome

Durch fehlgerichtete Zuchtziele kann artspezifisches Verhalten bis hin zur biologischen Funktionslosigkeit abgewandelt werden. Rassevertreter der „gebogenen“ Positurkanarien haben aufgrund ihrer durchgedrückten Intertarsalgelenke und dem nach vorne abgebogenen Hals diverse Probleme. Der vor allem bei ursprünglich baumbewohnenden Vogelarten wichtige Fußgreifmechanismus ist bei einer Überstreckung der Intertarsalgelenke außer Funktion gesetzt. Im Normalfall spannen sich beim Vogel die Beugesehnen der Zehen bei der Beugung der Intertarsalgelenke, dadurch klammern sich die Zehen automatisch um die Sitzgelegenheit. Eine Überstreckung der Intertarsalgelenke mit Verunmöglichung des Greifmechanismus führt dazu, dass es den betroffenen Vögeln sichtlich schwer fällt, sich auf den Sitzgelegenheiten zu halten. Die insbesondere bei Erregung verstärkt präsentierte Körperhaltung hat somit eine erhebliche Auswirkung auf das Bewegungs- und Ruheverhalten der Tiere, und es kommt nachweislich zu Beeinträchtigungen im artgemäßen Gebrauch der Hintergliedmaßen. Des Weiteren hat dieses veränderte Bewegungsverhalten negative Auswirkungen auf die Fußballen, welche sich in unzureichender Verhornungen, Rötungen und Druckstellen im Bereich der Sohlen- und Zehenballen äußern. 

Zusätzlich sind die besagten Rassen von Gelenkschäden, Kälteempfindlichkeit und geringerer Fruchtbarkeit betroffen.

Die schlechten Befruchtungsergebnisse werden auf die rassetypischen Körperhaltungsanomalien zurückgeführt, die vermutlich gleichfalls die Ursache für die beobachteten fehlgeschlagenen Paarungsversuche sind.  

Außerdem weisen „gebogene“ Positurkanarien Verhaltenshypertrophien auf. Sie können keine für Kanarienvögel arttypische Ruheposition einnehmen, sondern greifen mit einem Fuß in das Käfiggitter, um ihre Sitzhaltung zu stabilisieren. Die steile Körperhaltung führt außerdem zur Verkotung der Sitzstangen und/oder ggf. zu mechanischen Beschädigungen des Schwanzgefieders.

Wegen des Unvermögens, eine arttypische Ruhestellung einzunehmen, halten sich die Vögel mit einem Fuß am Gitter fest und nehmen als Ruhe- und Entlastungsstellung diese unphysiologische “Straßenbahnhaltung” ein. Teilweise wird dies durch aktives “Aufstützen” der Schwanzfedern begleitet.

6. Symptomatik und Krankheitswert der oben genannten Defekte: Bedeutung/Auswirkungen des Defektes auf das physische/ psychische Wohlbefinden (Belastung) des Einzeltieres u. Einordnung in Belastungskategorie

Die einzelnen zuchtbedingten Defekte werden je nach Ausprägungsgrad unterschiedlichen Belastungskategorien (BK) zugeordnet. Die Gesamt-Belastungskategorie richtet sich dabei nach dem jeweils schwersten am Einzeltier festgestellten Defekt. Das BK-System als Weiterentwicklung nach dem Vorbild der Schweiz ist noch im Aufbau, daher sind die hier vorgenommenen BK-Werte als vorläufig anzusehen.

Physisch: 

Beim Gibber Italicus sind ein zusätzlicher Halswirbel und ein weiteres Rippenpaar ausgebildet. Außerdem sind Tibiotarsus und Tarsometatarsus signifikant verlängert. Die physischen Folgen der Körperhaltungsanomalien bei „gebogenen“ Positurkanarien sind ein eingeschränkter Fußgreifmechanismus, unzureichende Verhornungen der Fußballen, Rötungen und Druckstellen im Bereich der Sohlen- und Zehenballen. Diese Veränderungen korrelieren mit Symptomen der Pododermatitis oder auch „Bumble Foot“ genannten Erkrankung, die bei anderen Vögeln beobachtet werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Symptome mit Schmerzen und Leiden einhergehen. 

Es wurden Fruchtbarkeitseinschränkungen und hohe Erregbarkeit beobachtet.

Zuchtbedingt weisen die Tiere teilweise zusätzlich eine mit erhöhter Wärmebedürftigkeit verbundene spärliche Befiederung auf, die eine Haltung nur noch in Innenräumen ermöglicht. Es treten Störungen beim Halten des Gleichgewichts auf der Stange und bei der Futteraufnahme vom Boden auf. Ein sicherer Halt auf den Stangen ist wegen des nicht mehr funktionierenden vogelspezifischen Greifmechanismus häufig nicht möglich.

Psychisch:

Die verminderte Funktion des Fußgreifmechanismus führt zu Beeinträchtigungen im artgemäßen Ruhe- und Bewegungsverhalten, da die Tiere nur unter Anstrengung ihre Sitzposition aufrechterhalten können.

Bei „gebogenen“ Positurkanarien kann es zur Unfähigkeit der Elterntiere kommen, ihre Nachkommen selbst aufzuziehen.

Damit liegen Verhaltensstörungen (Unfähigkeit der Aufzucht) vor, welche allgemein als Indikator für erhebliches Leiden angesehen werden. 

Belastungskategorie: 3

7. Vererbung, Genetik, ggf. bekannte Genteste

Die Körperhaltungsanomalien der „gebogenen“ Positurkanarienvögel werden autosomal unvollständig dominant mit variabler Expressivität vererbt.

8. Diagnose – weitergehende Untersuchungen

Im Allgemeinen können die Veränderungen an der Körperformation visuell erfasst werden. Zur Einschätzung des Ausmaßes können ggf. spezifischere Untersuchungen herangezogen werden.
Die physischen Folgen, wie ein eingeschränkter Fußgreifmechanismus, unzureichende Verhornungen, Rötungen und Druckstellen im Bereich der Sohlen- und Zehenballen, können adspektorisch und palpatorisch erfasst werden.

Röntgenologische Untersuchungen können Hinweise auf bereits vorhandene knöcherne Veränderungen (z.B. Auftreibungen der Corticalis) liefern, welche in der Regel mit Schmerzen einhergehen.
Des Weiteren können bakteriologische Untersuchungen die Beteiligung von Sekundärinfektionen belegen.

Eine möglicherweise vorliegende Pododermatitis kann, wenn notwendig , in 5 Grade eingeteilt werden, um ihren Krankheitswert möglichst objektiv bewerten zu können:

  • Grad 1: Oberflächliche Läsionen 
  • Grad 2: tiefere entzündete Läsionen 
  • Grad 3: tiefe eitrig-nekrotische Entzündungen 
  • Grad 4: Sehnen und Gelenke mit betroffen
  • Grad 5: Knochen mitbetroffen 

Gleichgewichtsstörungen sind daran zu erkennen, dass sich die betroffenen Vögel nicht gut auf den Ästen oder zur Verfügung gestellten Sitzgelegenheiten halten können, sie fallen folglich öfter auf den Boden.

9. Aus tierschutzfachlicher Sicht notwendige oder mögliche Anordnungen

Entscheidungen über Zucht- oder Ausstellungsverbot sollten im Zusammenhang  mit der Belastungskategorie (BK) getroffen werden. Ausschlaggebend für ein Zuchtverbot kann je nach Ausprägung und Befund sowohl der schwerste, d.h. das Tier am meisten beeinträchtigende Befund, und dessen Einordnung in eine der Belastungskategorien (BK) sein, oder auch die Zusammenhangsbeurteilung, wenn viele  einzelne zuchtbedingte Defekte vorliegen. Berücksichtigt werden sollte ggf. auch der  individuelle Inzuchtkoeffizient eines Tieres.

a) notwendig erscheinende Anordnungen

  • Überwachung der gesamten Zuchtpopulation.
  • Zuchtverbot: (unmittelbar auf § 11b gestützte Anordnung nach § 16a Abs. 1 S. 1) Verbot der Zucht von „gebogenen“ Kanarienvögeln, wenn offensichtlich ist oder erwartet werden kann, dass eine vollständige Funktionalität von Körperteilen oder Organen nicht gewährleistet ist und folglich Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten können und /oder bei den Nachzuchten erwartet werden. 
  • Ausstellungsverbot für Tiere mit sichtbarer Abweichung der Körperformation in der oben beschriebenen Art und Weise.

b) mögliche Anordnungen

  • Zuchtausschluss von übertypisierten Vertretern.
  • Wegnahme der Tiere bei Unzuverlässigkeit des Züchters oder Halters,
  • Überweisung zu weiterer fachtierärztlicher klinischer Untersuchung.
  • Ausstellungsverbot: Bei den Tieren besteht aufgrund der sichtbaren Veränderungen der Verdacht einer Qualzucht gem. §11b TierSchG, deshalb kann die Vorstellung des Tieres zur Bewertung und Ausstellung untersagt werden. (ggf. muss zusätzlich eine Mitverantwortung der Zuchtrichter und /oder Ausstellungsveranstalter für ein rechtswidriges Verhalten = Zucht entgegen §11b TierSchG berücksichtigt werden).

Individuen der beschriebenen Rassen weisen überdurchschnittlich oft Merkmale von Übertypisierungen und Verhaltensanomalien auf, welche für die Tiere Leiden bedeuten.

Generell sind übertypisierende Zuchtziele, welche zu Körperhaltungsanomalien und deren physischen Folgen, die das Wohlbefinden des Einzeltieres oder dessen Nachkommen mehr als nur unwesentlich beeinträchtigen, tierschutzwidrig und zu untersagen. Verbandsintern müssen diese Extremzüchtungen durch erläuternde Vorgaben in Wort und Bild verhindert werden.

Bitte beachten:

Maßnahmen der zuständigen Behörde müssen erkennbar geeignet sein, auch in die Zukunft wirkend Schaden von dem betroffenen Tier und/oder  dessen Nachzucht abzuwenden. Es handelt sich im Hinblick auf Art und Bearbeitungstiefe von Anordnungen und Zuchtverboten immer um Einzelfallentscheidungen im Ermessen der zuständigen Behörde unter Berücksichtigung der vor Ort vorgefundenen Umstände.

10. Allgemeine tierschutzrechtliche Bewertung

Aus tierärztlicher Sicht sind Ziervögel mit den oben beschriebenen Defekten/Syndromen in Deutschland gemäß §11b TierSchG als Qualzucht einzuordnen.

Dabei ist zu beachten, dass das Zuchtverbot nicht nur dann greift, wenn mit Tieren gezüchtet wird, die selbst qualzuchtrelevante Merkmale aufweisen (Merkmalsträger), sondern auch dann, wenn bekannt ist oder bekannt sein muss, dass ein zur Zucht verwendetes Tier Merkmale vererben kann, die bei den Nachkommen zu einer der nachteiligen Veränderungen führen können (Anlageträger; insbesondere Tiere, die bereits geschädigte Nachkommen hervorgebracht haben; vgl. Binder § 5 ÖTSchG zu Z 1).

 – Ein wichtiges Indiz für einen erblichen Defekt ist, dass eine Erkrankung oder Verhaltensabweichung bei verwandten Tieren häufiger auftritt als in der Gesamtpopulation. Gegen einen Schaden spricht nicht, dass sich die Rasse oder Population über längere Zeit als lebensfähig erwiesen hat (vgl. Lorz/Metzger § 11b Rn. 12).

 – Das Verbot gilt unabhängig von der subjektiven Tatseite, also unabhängig davon, ob der Züchter selbst die Möglichkeit der schädigenden Folgen erkannt hat oder hätte erkennen müssen (Lorz/Metzger § 11b Rn. 4). Wegen dieses objektiven Sorgfaltsmaßstabes kann er sich nicht auf fehlende subjektive Kenntnisse oder Erfahrungen berufen, wenn man die jeweiligen Kenntnisse und Erfahrungen von einem sorgfältigen Züchter der jeweiligen Tierart erwarten kann. 

– Vorhersehbar sind erbbedingte Veränderungen bei den Nachkommen auch dann, wenn ungewiss ist, ob sie erst nach einem Generationensprung in späteren Generationen auftreten (vgl. Goetschel in Kluge § 11b Rn. 14)

Begründung:

Gem. §11b TierSchG ist es verboten, Wirbeltiere zu züchten, soweit züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass als Folge der Zucht bei der Nachzucht oder den Nachkommen u.a.

  • erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten (§ 11b Abs. 1 Nr. 1 TierSchG) oder
  • mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten (§ 11b Abs. 1 Nr. 2 a) TierSchG) oder
  •  die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt (§ 11b Abs. 1 Nr. 2 c) TierSchG).

Die Zucht von Tieren mit einem oder mehreren der oben beschriebenen Defekte erfüllt den Tatbestand der Qualzucht durch:

  • die zuchtbedingten Veränderungen an Skelett und Gelenken
  • hohe Erregbarkeit
  • spärliche Befiederung
  • Gleichgewichtsstörungen
  • die Erwartung von Schäden, Leiden und ggf. Schmerzen durch unzureichende Verhornungen, Rötungen und Druckstellen im Bereich der Sohlen- und Zehenballen.
  • die Erwartung von Leiden und ggf. Schmerzen durch Gelenkschäden.
  • die Erwartung von erheblichem Leiden durch Funktionsstörungen und Beeinträchtigung arteigener Verhaltensabläufe
  • Durch Skelettveränderungen verursachte Unfähigkeit, einen für die Besamung notwendigen Kloakenkontakt zwischen Hahn und Henne herzustellen mit resultierenden Fruchtbarkeitseinschränkungen

Fruchtbarkeitseinschränkungen führen zu einem eingeschränkten Ausleben des artgemäßen Verhaltens und sind damit als Abweichungen vom Normalverhalten zu werten. Verhaltensstörungen sind im Hinblick auf Modalität, Intensität und Frequenz erhebliche und andauernde Abweichungen vom Normalverhalten.
Damit zählen sie für die richterliche Praxis zu den wichtigsten Indikatoren für erhebliches Leiden.
Besagte Fruchtbarkeitseinschränkungen können ebenfalls als Funktionsstörungen klassifiziert werden.
Diese gelten neben Anomalien (z.B. Kannibalismus) und generell spezifischen Indikatoren im Verhalten der Tiere (z.B. Apathie), die als schlüssige Anzeichen und Gradmesser eines Leidenszustandes taugen (Bundesgerichtshof 1987) als juristisch anerkannte Anzeichen für erhebliches Leiden. 

Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach §11b Abs. 1 TierSchG sind somit vom Wortlaut her erfüllt und durch die mit Leiden assoziierten Defekte begründen das erforderliche Zuchtverbot.

Im Gutachten zur Rückzüchtung (Cirsovius, 2021), wurde erneut betont, dass das Interesse einiger Haustierliebhaber an „modischen, subjektiv als niedlich, interessant oder ästhetisch schön empfundenen „Designer-Haustieren““ per se keinen vernünftigen Grund zur Rechtfertigung tierschädigender Maßnahmen darstellt, wie bereits in der Rechtsprechung von 1993 entschieden wurde (BayObLG NJW, 1993).

Es muss als erwiesen angesehen werden, dass ein großer Teil der Nachkommen mit nicht unerheblichen Einschränkungen des Wohlbefindens und/oder Verhaltensrepertoires leben werden muss.

Auf weitere züchterische Selektion dieses Merkmals ist zu verzichten. Darüber hinaus wird die enge Überwachung der schon vorhandenen Population mit besonderem Augenmerk auf die Veränderungen der Sohlen- und Zehenballen als Folge der Körperhaltungen während der Arbeitshaltung, Fruchtbarkeitsraten und Vitalität gefordert.
Um ein mögliches Zuchtverbot auch für ähnliche Veränderungen am Integument abwägen zu können, gilt es zukünftig weitere wissenschaftlich fundierte Eruierungen der mit dem Merkmal der metrischen Größenveränderungen bei Vögeln in Verbindung stehenden Schmerzen, Leiden und Schäden zu etablieren.

Ausführliche rechtliche Bewertungen und/oder Gutachten können, soweit schon vorhanden, auf Anfrage Veterinärämtern zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt werden.

11. Relevante Rechtsprechung

1.Deutschland: noch nicht.
2.Österreich: noch nicht.
3. Schweiz: noch nicht.
4. Niederlande: noch nicht.

12. Anordnungsbeispiel vorhanden?

Ja: Ausstellungsverbot.

Anordnungsbeispiele werden ausschließlich auf Anfrage Veterinärämtern zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt.

13. Literaturverzeichnis/ Referenzen/ Links

An dieser Stelle wird nur eine Auswahl zu den oben beschriebenen Defekten  und ggf. allgemeine Literatur zu zuchtbedingten Defekten bei Ziervögeln angegeben. Umfangreichere Literaturlisten zum wissenschaftlichen Hintergrund werden auf Anfrage von Veterinärämtern ausschließlich an diese versendet.

Hinweis: Die Beschreibung von mit dem Merkmal verbundenen Gesundheitsproblemen, für die bisher  keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, erfolgen vor dem Hintergrund entsprechender Erfahrungen der Experten und Expertinnen aus der tierärztlichen Praxis, und/oder universitären Einrichtungen, sowie öffentlich frei einsehbaren Datenbanken oder Veröffentlichungen von Tier-Versicherungen und entstammen daher unterschiedlichen Evidenzklassen.

Da Zucht und Ausstellungswesen heutzutage international sind, beziehen sich die Angaben in der Regel nicht nur auf Prävalenzen von Defekten oder Merkmalen in einzelnen Verbänden, Vereinen oder Ländern.

Quellen:

Bartels, T.; Wegner, W. (1998): Fehlentwicklungen in der Haustierzucht. Zuchtextreme und Zuchtdefekte bei Nutz- und Hobbytieren ; [§11b Tierschutzgesetz] ; 1 Tabelle. Stuttgart: Enke.  ISBN 3-432-28131-5

BayObLG NJW 1993, 2760; zustimmend Lorz/Metzger § 1 Rn. 95

Cirsovius, Thomas (2021): Sind tierschutzwidrige Maßnahmen iSv § 11b Abs 1 dt TierSchG legal, wenn bezweckt ist, nach mehreren Zuchtgenerationen ungeschädigte, schmerz‐ und leidensfrei lebensfähige Nachkommen zu erzielen? DOI: 10.35011/TIRUP/2021-3.

Der Vogelbund (DKB) (2021): Standard-Positurkanarien-2021. Online verfügbar unter https://vogelbund.de/wp-content/uploads/2022/03/Standard-Positukanarien-2021.pdf, zuletzt geprüft am 11.05.2022.

Sachverständigengruppe Tierschutz und Heimtierzucht (1999): Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen).
https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/gutachten-paragraf11b.html 

Schweizer Tierschutz (STS) (undatiert): Kanarienvogel. STS-Merkblatt: Kanarienvogel. Online verfügbar unter http://www.tierschutz.com/publikationen/heimtiere/infothek/voegel/mb_kanarien.pdf, zuletzt geprüft am 10.05.2021.

VTSchZ (2014): Verordnung des BLV über den Tierschutz beim Züchten. Schweiz.
https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2014/747/de