Merkblatt Hund Color Dilution Alopecia (CDA)

Tierart: Hund
Defekt an Körperteil: Haarkleid und Haut
QUEN-Merkblatt Nr. 25
Bearbeitungsstand: 13.04.2023
Tierart: Hund
Defekt an Körperteil: Haarkleid und Haut
QUEN-Merkblatt Nr. 25
Bearbeitungsstand vom 13.04.2023

1. Beschreibung des Merkmals

Color Dilution Alopecia (CDA) und Black Hair Follicular Dysplasia (BHFD), Haarausfall in Körperarealen mit Dilution (Farbverdünnung). 

Synonyme CDA: Color Mutant Alopecia (CMA), Farbmutantenalopezie, Blue Dog Disease, Blue Doberman Disease.

2.1 Bild 1

Mischlingshund: CDA. Nur die durch Eumelanin pigmentierten Haare sind betroffen.
Foto: M. Czolgoszewski

2.1 Bild 2

Silver Labrador: CDA.
Foto: QUEN-Archiv

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3. Betroffene Hunderassen

Chihuahua, Prager Rattler, so genannte „blue line“ Pit Bull-artige Züchtungen, “Silver Labrador”, „blaue amerikanische Dackel“ sowie eine Vielzahl anderer Rassen und Mischlinge.

Bei der Dilution handelt es sich um eine sehr frühe Mutation in der Domestikationsgeschichte des Hundes, daher kommt die ursächliche genetische Variante d bei den meisten Rassen je nach Selektionsdruck mehr oder weniger häufig vor. Beim Dobermann trat CDA früher häufig beim damals noch anerkannten blauen Farbschlag auf, daher wurde der Farbschlag Blau zwischenzeitlich aus dem FCI-Dobermann-Standard gestrichen. Bei anderen Rassen gibt es dilute Farbschläge ohne dokumentierte Fälle von CDA (z.B. Bearded Collie, Weimaraner klassischer Zuchtrichtung (cave: „blaue Weimaraner“, die aufgrund von Einkreuzungen anderer Rassen entstanden sind, können von CDA betroffen sein).

Nicht jeder dilute Hund erkrankt an CDA, aber jeder Hund mit CDA ist dilute.

4. Vorkommen bei anderen Tierarten

Viele andere domestizierte Säugetier-und Vogelarten haben dilute Farbschläge (Kartäuserkatze, Russisch Blau (Katze), Blaue Wiener (Kaninchen), dilute Farbmäuse, dilute Farbratten, blaue Moschusenten, graue Wellensittiche, Weißblaue Belgier und „Larson Blue“ Holstein Friesians (Rind), ebenso wie gezüchtete Wildtiere (Nerz, Fuchs). CDA ist jedoch bislang nur beim Hund beschrieben worden.

5. Mit dem Merkmal möglicherweise verbundene Probleme/Syndrome

Bei der Dilution kommt es zu einer Verklumpung der Eumelaningranula in den Pigmentzellen der Haut und der Haarfollikel sowie zu verändertem Transport und veränderter Verteilung der Granula in Haaren und Haut. Dies führt durch die veränderte Lichtbrechung zu einer verdünnten (dilute) Farberscheinung (schwarzes Pigment wirkt blaugrau, braunes Pigment wirkt hellgrau).

Bei CDA/BHFD kommt es zu Pigmentinsuffizienz und in der Folge zu irreversiblem Haarausfall und in manchen Fällen auch zu bakteriellen Sekundärinfektionen der Haarfollikel. Von Hautinfektionen betroffene Hunde müssen entweder topisch oder in schweren Fällen auch systemisch antibakteriell behandelt werden.
Der Haarausfall kann je nach Patient symptomatisch mit Hormonen behandelt werden, ein Absetzen des Medikaments führt zu erneutem Haarausfall (cave: arzneimittelrechtliche Besonderheiten in Deutschland), je nach Schwere müssen betroffene Hunde bei entsprechenden Außentemperaturen vor der Kälte geschützt werden.

6. Symptomatik und Krankheitswert der oben genannten Defekte: Bedeutung/Auswirkungen des Defektes auf das physische/ psychische Wohlbefinden (Belastung) des Einzeltieres u. Einordnung in Belastungskategorie

Die einzelnen zuchtbedingten Defekte werden je nach Ausprägungsgrad unterschiedlichen Belastungskategorien (BK) zugeordnet. Die Gesamt-Belastungskategorie richtet sich dabei nach dem jeweils schwersten am Einzeltier festgestellten Defekt. Das BK-System als Weiterentwicklung nach dem Vorbild der Schweiz ist noch im Aufbau, daher sind die hier vorgenommenen BK-Werte als vorläufig anzusehen.

Physisch: Schmerzen bei bakteriellen Sekundärinfektionen der Haarfollikel, Leiden aufgrund verminderten Kälteschutzes bei kalten Temperaturen.

Psychisch: Leiden aufgrund der oben beschriebenen schmerzhaften Sekundärinfektionen sowie aufgrund Frierens bei kalten Temperaturen, wovor ein der Art entsprechendes Haarkleid Hunde ohne CDA schützt.

Belastungskategorie: 1-2 (Je nach Ausmaß der Alopezie und nach vorliegenden und sich wiederholenden Sekundärinfektionen).

7. Vererbung, Genetik, ggf. bekannte Genteste, ggf. Generic Illness Severity Index

Dilution wird durch unterschiedliche genetische Varianten (Allel d1, d2 und/oder d3 sowie wahrscheinlich noch weitere, bislang nicht molekulargenetisch identifizierte Varianten) im Gen MLPH verursacht und folgt einem autosomal-rezessivem Erbgang.

Die ursächliche Variante der CDA hingegen ist noch nicht molekulargenetisch identifiziert. Somit kann ein dilute Hund ohne CDA nicht per Gentest von einem dilute Hund mit CDA unterschieden werden (Stand April 2023).

8. Diagnose – weitergehende Untersuchungen

Eine Verdachtsdiagnose auf CDA kann anhand des Phänotyps erhoben werden: Dilution (ggf. molekulargenetisch bestätigt durch den Befund d/d am Genort Dilution) in Kombination mit Haarausfall, insbesondere am Rumpf (CDA) bzw. Haarausfall in pigmentierten Farbplatten bei einem weiß gescheckten Hund (BHFD). Haarlose Farbplatten am Rumpf auf unverändertem weißen (unpigmentierten) Grund sind pathognostisch. Die endgültige Diagnose wird anhand der histopathologischen Befunde einer Hautbiopsie gestellt.

9. Aus tierschutzfachlicher Sicht notwendige oder mögliche Anordnungen

Entscheidungen über Zucht- oder Ausstellungsverbot sollten im Zusammenhang  mit der Belastungskategorie (BK) getroffen werden. Ausschlaggebend für ein Zuchtverbot kann je nach Ausprägung und Befund sowohl der schwerste, d.h. das Tier am meisten beeinträchtigende Befund, und dessen Einordnung in eine der Belastungskategorien (BK) sein, oder auch die Zusammenhangsbeurteilung, wenn viele einzelne zuchtbedingte Defekte vorliegen. Berücksichtigt werden sollte ggf. auch der  individuelle Inzuchtkoeffizient eines Tieres.

a) notwendig erscheinende Anordnungen 

Verbot der Verpaarung betroffener Tiere mit dilute Tieren (Genotyp d/d) oder Diluteträgern (Genotyp D/d).

Verbot einer Wurfwiederholung der Elterntiere, Verbot der Verpaarung der Elterntiere mit dilute Tieren oder Diluteträgern.

b) mögliche Anordnungen

Zuchtverbot für betroffene Tiere, Unfruchtbarmachung betroffener Tiere.

Bitte beachten:

Maßnahmen der zuständigen Behörde müssen erkennbar geeignet sein, auch in die Zukunft wirkend Schaden von dem betroffenen Tier und/oder  dessen Nachzucht abzuwenden. Es handelt sich im Hinblick auf Art und Bearbeitungstiefe von Anordnungen und Zuchtverboten immer um Einzelfallentscheidungen im Ermessen der zuständigen Behörde unter Berücksichtigung der vor Ort vorgefundenen Umstände.

10. Allgemeine tierschutzrechtliche Bewertung

Aus tierärztlicher Sicht sind Hunde mit den oben beschriebenen Defekten/ Syndromen in Deutschland gemäß §11b TierSchG als Qualzucht einzuordnen.

Dabei ist zu beachten, dass das Zuchtverbot nicht nur dann greift, wenn mit Tieren gezüchtet wird, die selbst qualzuchtrelevante Merkmale aufweisen (Merkmalsträger), sondern auch dann, wenn bekannt ist oder bekannt sein muss, dass ein zur Zucht verwendetes Tier Merkmale vererben kann, die bei den Nachkommen zu einer der nachteiligen Veränderungen führen können (Anlageträger; insbesondere Tiere, die bereits geschädigte Nachkommen hervorgebracht haben; vgl. Binder § 5 ÖTSchG zu Z 1).

 – Ein wichtiges Indiz für einen erblichen Defekt ist, dass eine Erkrankung oder Verhaltensabweichung bei verwandten Tieren häufiger auftritt als in der Gesamtpopulation. Gegen einen Schaden spricht nicht, dass sich die Rasse oder Population über längere Zeit als lebensfähig erwiesen hat (vgl. Lorz/Metzger § 11b Rn. 12).

 – Das Verbot gilt unabhängig von der subjektiven Tatseite, also unabhängig davon, ob der Züchter selbst die Möglichkeit der schädigenden Folgen erkannt hat oder hätte erkennen müssen (Lorz/Metzger § 11b Rn. 4). Wegen dieses objektiven Sorgfaltsmaßstabes kann er sich nicht auf fehlende subjektive Kenntnisse oder Erfahrungen berufen, wenn man die jeweiligen Kenntnisse und Erfahrungen von einem sorgfältigen Züchter der jeweiligen Tierart erwarten kann. 

– Vorhersehbar sind erbbedingte Veränderungen bei den Nachkommen auch dann, wenn ungewiss ist, ob sie erst nach einem Generationensprung in späteren Generationen auftreten (vgl. Goetschel in Kluge § 11b Rn. 14)

Begründung:

Gem. §11b TierSchG ist es verboten, Wirbeltiere zu züchten, soweit züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass als Folge der Zucht bei der Nachzucht oder den Nachkommen u.a.

  • erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten (§ 11b Abs. 1 Nr. 1 TierSchG) oder
  • mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten (§ 11b Abs. 1 Nr. 2 a) TierSchG) oder
  •  die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt (§ 11b Abs. 1 Nr. 2 c) TierSchG).

Die Zucht von Tieren mit einem oder mehreren der oben beschriebenen Defekte erfüllt den Tatbestand der Qualzucht durch:

Schäden durch irreversible Alopezie (dadurch herabgesetzter Kälteschutz).

Schmerzen durch potentielle bakterielle Sekundärinfektionen.

Ausführliche rechtliche Bewertungen und/oder Gutachten können, soweit schon vorhanden, auf Anfrage Veterinärämtern zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt werden.

11. Relevante Rechtsprechung

  1. Deutschland: Noch nicht.
  2. Österreich: Noch nicht.
  3. Schweiz: Noch nicht.

12. Anordnungsbeispiel vorhanden?

Noch nicht.

Anordnungsbeispiele werden ausschließlich auf Anfrage Veterinärämtern zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt.

13. Literaturverzeichnis/ Referenzen/ Links

An dieser Stelle wird nur eine Auswahl an Quellen zu den oben beschriebenen Defekten  und ggf. allgemeine Literatur zu zuchtbedingten Defekten bei Hunden angegeben. Umfangreichere Literaturlisten zum wissenschaftlichen Hintergrund werden auf Anfrage von Veterinärämtern ausschließlich an diese versendet.

Hinweis: Die Beschreibung von mit dem Merkmal verbundenen Gesundheitsproblemen, für die bisher  keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, erfolgen vor dem Hintergrund entsprechender Erfahrungen der Experten und Expertinnen aus der tierärztlichen Praxis, und /oder universitären Einrichtungen, sowie öffentlich frei einsehbaren Datenbanken oder Veröffentlichungen von Tier-Versicherungen und entstammen daher unterschiedlichen Evidenzklassen.

Da Zucht und Ausstellungswesen heutzutage international sind , beziehen sich die Angaben in der Regel nicht nur auf Prävalenzen von Defekten oder Merkmalen in einzelnen Verbänden, Vereinen oder Ländern.

Quellen:

Gough et al. (2018): Breed Predispositions to Disease in Dogs and Cats.

Breed Predispositions to Disease in Dogs and Cats, 3rd Edition | Wiley

VTSchZ (2014): Verordnung des BLV über den Tierschutz beim Züchten. Schweiz. https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2014/747/de 

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