Kaninchen
Rassekaninchenzucht in Deutschland
War in der Vergangenheit die Zucht von Rassekaninchen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und stand die Nutzung des Fleisches und der Felle in Deutschland im Vordergrund, so werden heute viele Kaninchen für den Verkauf als Heimtier gezüchtet. Nach wie vor werden Kaninchen für unterschiedliche Zwecke gehalten und genutzt: als Lieferanten von Fleisch, Pelz und Angorawolle, als Versuchstiere und als Heimtiere. Rund 67,5 % des in Deutschland konsumierten Kaninchenfleisches stammen aus der Rassekaninchenzucht und werden größtenteils privat geschlachtet und für den Eigenbedarf verbraucht oder in kleinem Rahmen selbst vertrieben.
Bei den zur Mast in industriellem Ausmaß gehaltenen und auf hohe Mastleistung und Fertilität gezüchteten Tieren sind sowohl mit der Haltung in Zusammenhang stehende sogn. Technopathien, als auch die auf die Selektion auf hohe Leistung folgenden Erkrankungen im Fokus der Bemühung um mehr Tierschutz.
Wie der Zentralverband deutscher Rasse-Kaninchenzüchter e.V. (ZDRK) mitteilt, sind die Rassekaninchenzüchter (ca. 130.000 Mitglieder) in der Bundesrepublik Deutschland “ ….in fast 5.000 Vereinen in über 500 Kreisverbänden und 20 Landesverbänden (LV) zusammengeschlossen und in der Dachorganisation des Zentralverbandes Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter e.V. (ZDRK) organisiert. Daneben gibt es in den Landesverbänden noch über 400 Spezialclubs, deren Aufgabe die Züchtung und ständige Verbesserung einzelner Kaninchenrassen sowie die Herauszüchtung erbfester Stämme ist. Innerhalb des ZDRK sind Kaninchenrassen in 400 Farbenschlägen anerkannt“ (BLE 2021).
Kaninchen gibt es in vielen Rassen und Farben, allerdings sind einige der Rassen gem §11b TierSchG als Qualzucht einzustufen. Durch Zucht wurde das Aussehen der Kaninchen Jahrzehnte lang auf unterschiedlichste Weise verändert. Dabei wurden Körperteile verformt und gingen damit Veranlagungen für Krankheiten einher, die für das Tier mit Leiden, Schmerzen oder einer Einschränkung des Wohlbefindens verbunden sind.
Kurz zusammengefasst sind folgende Problembereiche zu erwähnen, die bei betroffenen Tieren zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen können:
Zwergwuchs: Zwergrassen von unter 1,5 kg (z.B. Hermelin, Farbzwerg)
Große schwere Rassen (ab ca. 7 kg)
Einzelne Zuchtlinien sind gehäuft von Erkrankungen betroffen. Da die Tiere frühzeitig geschlachtet werden, wird die Erkrankungsrate in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen und die Anlage weiter in der Zucht verbreitet.
Wunde Pfoten (Pododermatitis)
Gescheckte Kaninchen (Punktscheckung)
Bei reinerbiger Vermehrung erhöhte Sterblichkeit, Kümmerer (besonders Jungtiere), Megacolon (Verdauungsstörungen) und Veränderungen der Nebennierenrinde mit Dauerstress als Folge. Mischerbige Schecken sind davon nicht betroffen.
Weiße Kaninchen mit roten Augen (Albinokaninchen)
Weiße Kaninchen mit roten Augen werden Albinos genannt, bei ihnen fehlt das Melanin, wodurch es zu verschiedenen Störungen kommt. Marder- bzw. russenfarbigen Kaninchen sind Teilalbinos und können ebenfalls von diesen Einschränkungen betroffen sein.
Langhaarkaninchen (Angora, teils Teddy…)
Reduzierte Wärmetoleranz, Magendarmstörungen (Haarballen), Verfilzungsneigung und damit einhergehende Bewegungseinschränkung, Verschmutzte Analregion durch Kot und Urin, fehlende Deckhaarschicht als Witterungsschutz, teils Augenirritationen durch Fell und eingeschränktes Sichtfeld durch die Haare.
Satinkaninchen
Kaninchen mit dem Satin-Faktor leiden unter einer erhöhten Anfälligkeit für Zahnerkrankungen. Die genaue Ursache ist bisher nicht geklärt. Die Kaninchenrasse ist in der Regel in Dauerbehandlung wegen schwerster Zahnfehlstellung. Dadurch ist u.U. auch die Lebenserwartung verkürzt.
Rexkaninchen
Gekräuselte Wimpern, Schnurr- und Spürhaare: Kaninchen orientieren sich über die Tasthaare in ihrer Umwelt. Bei Rexkaninchen sind sie oft stark gekräuselt und somit für ihre Funktion eher ungeeignet, teils fehlen sie sogar vollständig. Ein Fehlen oder auch Kräuseln/Verkümmern der Tasthaare ist wie bei anderen Tierarten (Hunde, Katzen) auch bei Kaninchen als Qualzucht einzustufen.
Rex (Kurzhaarrassen) – Träger des Nacktgens (Verpaarung von zwei Rexkaninchen ergibt Nacktkaninchen.
Kaninchen vom Typ Widder
Kaninchen mit Hängeohren neigen je nach Ausprägungsgrad ihres charakteristischen Merkmals zu Ohr- und möglicherweise auch zu vermehrtem Auftreten von Zahnproblemen. Auf Grund des stenotischen Ohrkanals kann es zu schmerzhaften Ansammlungen von Entzündungsmaterial kommen, das den Gehörgang weitet und nicht nach außen ablaufen kann. Betroffene Kaninchen können sogar in ihrer Sinnesleistung eingeschränkt sein (Hörschwelle erhöht/Taubheit). Auch der Gesichtssinn kann durch ein eingeschränktes visuelles Feld eingeschränkt sein.
Wie auch bei anderen Tierarten, werden auch in der Kaninchenzucht ständig neue Varianten kreiert, so dass hier nur eine beispielhafte grobe Übersicht gegeben wird, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Aktualität erhebt.
Im Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter e. V. und weiterer Verbände sind in Deutschland ca. 88 Rassen in 370 Farbenschlägen anerkannt, die in 7 Abteilungen geordnet sind:
Abteilung I
Große Normalhaar-Rassen [Gewicht über 5,5 kg]: Deutsche Riesen, grau bzw. andersfarbig – Deutsche Riesen, weiß – Deutsche Riesenschecken – Deutsche Widder (Widder = Kaninchen mit Hängeohren)
Abteilung II
Mittelgroße Normalhaar-Rassen [Gewicht bis 5,5 kg]: Meißner Widder – Helle Großsilber – Großchinchilla – Mecklenburger Schecken – Englische Widder – Deutsche Großsilber – Burgunder – Blaue Wiener – Blaugraue Wiener – Schwarze Wiener – Weiße Wiener – Graue Wiener – Weiße Hotot – Rote Neuseeländer – Weiße Neuseeländer – Große Marderkaninchen – Kalifornier – Japaner – Rheinische Schecke – Thüringer – Weißgrannen – Hasenkaninchen (Körperbau ähnelt dem Hasen) – Alaska – Havanna
Abteilung III
Kleine Normalhaar-Rassen [Gewicht bis 3,75 kg]: Kleinschecken – Separator – Deutsche Kleinwidder – Kleinchinchilla – Deilenaar – Marburger Feh – Sachsengold – Rhönkaninchen – Luxkaninchen – Perlfeh – Kleinsilber – Englische Schecken – Holländer – Lohkaninchen – Marderkaninchen – Siamesen – Schwarzgrannen – Russen – Kastanienbraune Lothringer (Brun marron de Lorrain) Zwergwidder, thüringerfarben.
Abteilung IV
Normalhaar-Zwergrassen [Gewicht bis 2 kg]: (Widderzwerge) – Zwergschecken – Hermelin – Farbenzwerge
Abteilung V
Haarstruktur-Rassen [seidig glänzendes Fell und Gewicht bis 4 kg]: Satin-Elfenbein – Satin-Schwarz – Satin-Blau – Satin-Havanna – Satin-Rot – Satin-Feh – Satin-Kalifornier – Satin-Hasenfarbig – Satin-Thüringer – Satin-Chinchilla – Satin-Siamesen – Satin-Castor – Satin-Lux
Abteilung VI
Kurzhaarrassen (Rex-Kaninchen) [Haarlänge weniger als 20 mm]: Chin-Rexe – Blau-Rexe – Weiß-Rexe – Dreifarben-Schecken-Rexe – Dalmatiner-Rexe – Gelb-Rexe – Castor-Rexe – Schwarz-Rexe – Havanna-Rexe – Blaugraue Rexe – Rhön-Rexe – Japaner-Rexe – Feh-Rexe – Lux-Rexe – Loh-Rexe – Marder-Rexe – Russen-Rexe – Zwerg-Rexe (Rexzwerge)
Abteilung VII
Langhaarrassen [Haarlänge mehr als 40 mm]: Angora, weiß (werden regelmäßig geschoren) – Angora, farbig (werden regelmäßig geschoren) – Fuchskaninchen, farbig – Fuchskaninchen, weiß – Jamora – Zwergfuchskaninchen, farbig (Fuchszwerge, farbig) – Zwergfuchskaninchen, weiß (Fuchszwerge, weiß)
Andere Verbände unterteilen die Rassen in:
- Große Rassen
Riesen – Riesen, weiß – Weißer Bouscat – Riesenschecke – Mährisches Blaues Kaninchen – Widder – Blaue von St. Niklaas – Blauer von Hamm
- Mittlere Rassen
Weiße von Dendermonde – Champagne – Silber (Schweiz) – Champagne-Silber (Frankreich) – Belgischer Silber – Groß-Silber (hell) – Groß-Silber (andere Farben) – Groß-Chinchilla – Mecklenburger Schecken – Meißner Widder – Weiße Neuseeländer – Zempliner Kaninchen – Englische Widder – Weiße Landkaninchen (Orestad) – Blaue Wiener – Schwarze Wiener – Graue Wiener – Grauer Burbonnais – Original rötlicher Burgunder – Burgunder – Hotot – Groß Russen – Tschechisches Albino-Kaninchen – Kalifornier – Wiener, weiß – Groß-Marder – Rote Neuseeländer – van Beveren – Normänner – Weißer Vendee – Japaner – Rheinische Schecke – Hasen – Weiße Hasen – Loh Hasen – Ziegenkaninchen – Thüringer – Weißgrannen – Mittelgroße Chuinchilla – Tschechische Schecke – Mährisches Weißes braunäugiges Kaninchen – Blesser von Liptov – Alaska – Tronder – Schwedisches Fellkaninchen – Havanna – Sallander – Sussex
- Kleine Rassen
Sable des Vosges – Kleine Widder – Gouwenaar – Beige (Separator) – Deilenaar – Marburger Feh – Marder – Blauer Holicer – Siberian – Sachsengold – Golden Glavcot – Orange – Schwarzgrannen – Siamesen – Rhönkaninchen – Perlfeh – Englische Schecken – Lux – Kleine Silber – Holländer – Kleine Chinchilla – Squirrel – Loh – Steinkaninchen – Thrianta – Hulslander – Russen – Perlgraue von Halle – Kastanienbraune Lothringer
- Zwergrassen
Zwergwidder – Zwergwidder Rex – Zwerg-Schecken – Zwerghasen – Hermelin – Lutterbacher Hermelin – Farbenzwerge
- Haarstrukturrassen
Rex – Opossum – Angora – Satin – Fuchs – Jamora – Rexzwerge – Fuchszwerge
Die Erstellung der Merkblätter unterliegt einem Qualitätsmanagementsystem, das den Qualitätsstandard sichert. Von den Veterinärämtern wird zunächst eine möglichst knappe Information über Defektmerkmale und/oder betroffene Rassen gewünscht. Dieser Wunsch wird mit der Veröffentlichung der Merkblätter in der vorliegenden Form berücksichtigt. Langversionen der Merkblätter mit Quellenangaben zum wissenschaftlichen Hintergrund werden unter fallbezogener Beteiligung durch externe Experten geprüft und durch eine juristische Arbeitsgruppe mit einem Rechtsgutachten ergänzt. Die ausführlichen Gutachten werden QUEN-intern hinterlegt und auf Anfrage im Falle von rechtlichen Auseinandersetzungen ausschließlich an die betroffenen Veterinärbehörden versendet. Mit der oben beschriebenen Regelung wird sowohl den Ansprüchen aus der Praxis der Vollzugsbehörden als auch dem Wunsch nach ausführlicher rechtlicher Begründung Rechnung getragen.
Wir weisen darauf hin, dass es sich bei der Aufzählung von Krankheiten, Defekten und Funktionseinschränkungen um Erscheinungen handelt, die bei Tieren dieser Art und Rasse (unabhängig davon, in welchem Verein oder Verband oder ob privat gezüchtet) auftreten können bzw. vermehrt beobachtet wurden. Weiter beschreiben die Merkblätter mögliche oder notwendige Anordnungen für den Fall, dass entsprechende zuchtbedingte Veränderungen durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt festgestellt wurden.
Merkblatt Kaninchen Typ Widder
Merkblatt Kaninchen Typ Widder Tierart: Kaninchen Typ Widder QUEN-Merkblatt Nr. 17 Bearbeitungsstand: 02.08.2024 Tierart: Kaninchen Typ Widder QUEN-Merkblatt Nr. 17 Bearbeitungsstand vom 02.08.2024 1. Beschreibung des Typs Widderkaninchen existieren seit mehreren Hundert Jahren. [...]